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Alle Ressourcen auf dieser Erde sind endlich und Großkonzerne haben die Kontrolle über Energie, Wasser und Abfall. Die stattfindende Konzentration in diesen Märkten wird angetrieben von den zu erwartenden sicheren Profitmargen auf Grund der Abhängigkeit von Ländern, ihrer Bürger und Regierungen.

Der Ölpreis ist kein Maß für den Wert dieser endlichen Ressource sondern ein politisches Instrument.

          Veröffentlicht von Gerald Altnau im April 2008 / überarbeitet: Februar 2024

Kunststoff-Abfall erfüllt in der EU primär immer noch die Aufgabe als Ersatz-Brennstoff.

Ohne verbindliche Kunststoff-Recyclingquoten wird es in diesem Sektor keinen Fortschritt geben, sondern es gelten weiterhin die Regeln der „Tragik der Allmende“.

 

Der Wert des Öls

Der Ölpreis stieg bis 2008 ungebrochen und die Rohstoffkosten für die Kunststoff-Produktion folgten zwangsläufig und führten zu Konsolidierung und Verlust von Arbeitsplätzen.

Mit der Finanzkrise 2008/2009 stürzte der Ölpreis ab und die Preise von Massenkunststoffen und deren chemische Vorprodukte sanken sogar in noch stärkerem Maße. Im Zeitraum von November 2008 bis Januar 2009 war Benzol sogar billiger als das Öl (aus dem es produziert wird), was die Unwirklichkeit nur noch unterstreicht.

Bei niedrigem Ölpreis wird weniger in die Ölförderung investiert, da diese sich in zunehmendem Maße nur bei höheren Ölpreisen rechnet. Also werden geplante Projekte gestoppt, um dann wieder aufgenommen zu werden, wenn eine anziehende Wirtschaft eine bereits vorprogrammierte Angebotsknappheit erzeugt und den Ölpreis wieder steigen läßt.

Mit der Überwindung der Finanzkrise stieg also der Ölpreis wieder an bis Mitte 2011, um dann auf diesem Niveau bis Mitte 2014 zu verharren.

Dann entschieden die USA, einen Teil ihrer Öl-Reserve zu verkaufen. Der Ölpreis halbiert sich innerhalb eines Jahres und die Staatsfinanzen von Ölförderländern gerieten unter Druck. Im Gegenzug schwemmten diese weiterhin den Markt mit Öl und Saudi-Arabien hat es dabei besonders auf US-Firmen abgesehen, die mittels „Fracking“ fördern. Anfang 2016 nach dem Ende der Sanktionen des Atomstreits stieg der Iran wieder als wichtiger Öllieferant ein und der Preis sank auf das Niveau von 2000.

2024.03.01 Crude oilDann ging es moderat wieder aufwärts bis der Corona Virus in 2020 alles wieder zurücksetzte. Als es dann nach 1 Jahr wieder aufwärts ging, marschierte Russland in die Ukraine ein und katapultierte den Ölpreis wieder über $110 pro Barrel. Als Öl-förderndes Land kommt dies Russland natürlich gelegen, denn ein Krieg muss ja auch finanziert werden. Die USA warfen dann im Gegenzug einen Teil Ihrer Ölreserve auf den Markt und der Preis sank um zirka 20%.

In den letzten 20 Jahren fuhr der Ölpreis also ordentlich „Achterbahn“ zwischen $20 und $120 pro Barrel und man fragt sich: „Wie hat sich das eigentlich auf den Verbrauch ausgewirkt?“. Überraschenderweise hat der Ölpreis eigentlich gar keinen Einfluss auf den Verbrauch.

2024.03.01 WW Oil consumptionDie Delle der Finanzkrise ist fast nicht zu sehen und lediglich Corona ist deutlich zu erkennen, aber der Trend ist ungebrochen.

Es kann auch nur weiter nach oben gehen, denn die Menschheit wächst, der Lebensstandard steigt und militärische Auseinandersetzungen werden die nächsten 10 – 20 Jahre sicher nicht mit Elektrofahrzeugen durchgeführt, außer Dronen.

Obwohl täglich über endliche Ressourcen und/oder einem Ausstieg aus fossilen Energien und die Reduzierung des CO2-Ausstoßes als notwendige Schritte diskutiert wird, spiegelt sich eine solche Notwendigkeit sicher nicht im Ölpreistrend wieder. Er ist vielmehr ein Instrument für politische und strategische Ziele, die wenig mit dem Wert dieser endlichen Ressource zu tun haben.

Abhängigkeit von Ressourcen

Europa ist weltgrößter Nettoimporteur von Ressourcen und zirka 60% der fossilen Brennstoffe und Metallressourcen wurden in die EU importiert1). Der neue EU Aktionsplan für eine Kreislaufwirtschaft2) „Closing the Loop“ strebt wie alle Vorgängermodelle mehr Recycling und Wiederverwendung an und die Vorschläge enthalten Elemente wie:

  • EU Recycling Ziele von 65% der Siedlungs- und 75% der Verpackungs-Abfälle bis 2030
  • Deponierungsverbot für separat gesammelte Abfälle
  • Finanzielle Anreize für Wiederverwendung und Recycling (Verpackung, Batterien, Elektro(nik)-Geräte, Altfahrzeuge)

Mit solchen Zielen möchte die EU Kommission den Ressourcenverbrauch und die Abfallmengen reduzieren und das Recycling fördern, um so die Ressourcenabhängigkeit zu mindern. Man muß sich allerdings die Frage stellen, ob dieses Scenario Kunststoffe überhaupt mit einbezieht.

Die Kunststoffpreise folgen zwangsläufig dem Ölpreis und je niedriger der ist, desto kostspieliger und unattraktiver wird das Kunststoff-Recycling in der EU. Die mechanischen Recycler sind ein gutes Beispiel und immer wieder Opfer, wenn der niedrige Ölpreis neue Polymere billiger macht als Kunststoff-Rezyklate und die Betriebe ihre Mitarbeiter nach Hause schicken müssen.

Wenn keiner (Polymerproduzenten, Kunststoffartikelhersteller und Verbraucher) für eine Kreislauf-Wirtschaft bezahlen möchte, dann wird man sie auch nicht umsetzen.

REACH und RoHs Richtlinien erfordern neue Recyclingtechnologien für das Ausschleusen von Gefahrstoffen, um ein Recycling überhaupt zu ermöglichen und zu verhindern, daß der größte Teil weiterhin in der Müll-Verbrennung endet als Ersatz für Öl.

Aber da dies ja nur Vorschläge sind und die zu beschließende Richtlinie am Ende nur der kleinste gemeinsame Nenner sein wird, auf den sich die EU-27 (heute ohne UK) einigen wird, sind sicher keine zu großen Veränderungen zum Status Quo zu erwarten und bis 2030 ist es ja noch lange hin.

Basel- und Stockholm-Konvention

Die Basel-Konvention3) regelt seit 1992 die Verbringung gefährlicher Abfälle und die Stockholm-Konvention4) seit 2004 den Umgang mit langlebigen organischen Schadstoffen.

Basel Konvention

  • Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung
  • Seit 5. Mai 1992 in Kraft
  • Ratifiziert von 181 UN Mitgliedstaaten, die Cook Inseln, die EU und Palästina, aber ohne USA (exportiert  80%  seines WEEE Abfalls) - Stand Juli 2016
  • EU: Verordnung (EWG) Nr. 259/93 vom 1. Februar 1993, ersetzt durch Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 vom 14. Juni 2006

Stockholm Konvention

  • Verbots- und Beschränkungsmaßnahmen für bestimmte langlebige organische Schadstoffe (POPs)
  • Seit 17. Mai 2004 in Kraft
  • Ratifiziert von 152 Staaten ohne USA - Stand Juni 2016
  • EU: Verordnung (EG) Nr. 850/2004 vom 24. April 2004

Man könnte also annehmen, daß innerhalb der EU und im Export der Transport und die Entsorgung von gefährlichen Abfällen genau verfolgt und kontrolliert wird. Langlebige organische Schadstoffe (POPs) sind identifiziert, gelistet, und es wird dafür gesorgt, daß diese in neuen Produkten nicht mehr eingesetzt werden und belastete Abfälle nachweislich entsorgt werden.

Wenn es also trotzdem möglich ist, daß nur 1/3 des WEEE Abfalls der EU bei den Sammelstellen landet, ein weiteres 1/3 nicht ordnungsgemäß verarbeitet und der Rest exportiert wird oder einfach verschwindet (CWIT Studie 2015), dann muß man daraus schließen, daß eine Umsetzung und/oder Kontrolle von beschlossenen Richtlinien in den Mitgliedstaaten nicht möglich oder gewollt ist.

Kunststoff-Recycling 2.0

So lange sinkende Ölpreise und die damit ebenfalls sinkenden Preise für neue Polymere immer wieder physikalische (mechanische) Kunststoff-Recyclinganlagen still-legen oder in die Insolvenz treiben, wird es keine nachhaltige Kreislauf-Wirtschaft für Kunststoffe geben.

So lange Polymer-Produzenten und Hersteller von Kunststoff-Artikel die „externen Kosten“ (Umweltverschmutzung, Gesundheitsprobleme, Beeinflussung der Nahrungskette, etc.) der Abfälle ihrer Produkte nach deren Gebrauch, sowie deren Kosten für Sammeln, Sortieren und Recycling ignorieren dürfen, wird sich keine nachhaltige Recycling-Industrie etablieren können und Kunststoffe werden nicht als wertvolle Ressource betrachtet wie Metalle, Glas, Papier, etc, bei denen wir hohe Recyclingquoten haben.

Ohne eine verbindliche Kunststoff-Recycling-Quote im Sinne einer Wiederverwendung wird Kunststoff-Abfall vorzugsweise verbrannt werden. 

Wenn man die im Kunststoff enthaltene Energie in einer unvollständigen Verbrennung dazu benutzt, um die Polymere wieder aufzuspalten in Naphta (Öle und Wachse, CO, CO2 und Wasser) oder Synthesegas (H2, CO, CO2 und Wasser) und als chemisches Recycling bezeichnet, dann wird man sicher auch noch eine Recyclingquote bekommen. Die im Kunststoff gespeichert Energie ist auf alle Fälle wieder verloren.  

Die Recycling-Statistiken werden sich verbessern aber sie spiegeln nur eine Schein-Realität wieder.

Die Ressource Öl ist einfach zu billig.

Schade!

Aber so ist das halt mit der Tragik der Allmende14).

 

Literatur

  1. 2015.09.17 Julia Philipp „Chancen der Kreislaufwirtschaft“ zum Symposium 10 Jahre Elektroaltgeräte Koordinierungsstelle – Link
  2. Closing the Loop – An EU action plan for the Circular Economy - Link  
  3. Basel Konvention Wiki - Link
  4. Stockholm Konvention Wiki - Link
  5. Kölnische Rundschau vom 08.07.2015 “Teure Müllverbrennung”.  – Link 
  6. Frankfurter Rundschau vom 13.03.2013 „Recycling – Verbrennen ist billiger“ – Link 
  7. NABU „Mehr Müllimporte – weniger Recycling“ Homepage – last check 11.08.2016 – Link 
  8. Marta Jofra Sora for Global Alliance for Incinerator Alternatives & GAIA: “Incinerator overcapacities and waste shipping in Europe – the end of the proximity principle?” Jan 7th, 2013:  - Link  
  9. GAIA “More incineration than trash to burn in the EU – last check of Homepage on 11.08.2016 – Link
  10. 2016/1 Communication from the EU Commission: Exploiting the potential of waste to energy under the energy union framework strategy and the circular energy – Link   
  11. NTV “Giftcocktail in Flüssen und Meeren – Mikroplastik starker belastet als erwartet” vom 03.08.2016 – Homepage last check 11.08.2016 – Link  
  12. Bundesinstitut für Risikobewertung BFR: Gesundheitliche Bewertung Nr. 041/2006 vom 1. Juni 2006: EU-Höchstgehalte für Dioxine und dioxinähnliche PCB in Fisch schützen …. nicht immer ausreichend“ – Link 
  13. Umweltbundesamt „Dioxine und dioxinähnliche PCB in Umwelt und Nahrungsketten“ von 1.12.2013 – Link 
  14. Tragik der Allmende - Wiki - Link