1. Kunststoff-Recycling - "Die Erfolgsgeschichte der Verbrennung"

Kunststoff ist aus unserem täglichen Gebrauch nicht mehr wegzudenken und es gibt immer mehr neue Anwendungsgebiete, aber gleichzeitig gefährdet er als Abfall in bereits besorgniserregendem Maß unsere Umwelt und die Ozeane.
In der EU haben Abfall-Richtlinien das Ziel, Abfall zu vermeiden und die Wiederverwendung und die stoffliche Verwertung (Recycling) zu fördern. Bei Kunststoffabfällen setzt sich allerdings immer mehr die Verbrennung durch, wobei 2/3 des europäischen Plastikbedarfs sich nur auf 5 Länder konzentriert (Deutschland, Italien, Frankreich, UK und Spanien)9).
2016 The Way of PlasticDie Kunststofferzeuger berichten regelmäßig über steigende Recyclingquoten, aber eigentlich wird nur die Hälfte der verbrauchten Kunststoffe im Abfall wieder eingesammelt und davon nur knapp 1/3 recycelt. Es gibt nur eine EU Richtlinie mit einer sehr geringen Recyclingquote für Kunststoff und in Deutschland wurde über die „Heizwert-Klausel“ bis 2017 die Verbrennung dem Recycling gleichgestellt.
Neue Richtlinien wie REACH und RoHS werden den Verbraucher- und Umweltschutz verbessern, aber sie haben auch das Potenzial, daß mittelständige Recycler noch größer Mengen in die Brennöfen schicken.
Wertvolle Abfallströme (WEEE) sind längst attraktiv für illegale Geschäftsmodelle und mehr als 2/3 geht hier schon verloren.
Staatliche Recyclingquoten sind oft verzerrt oder weisen durch Mehrfachzählung höhere Recycling- und/oder Verwertungsquoten aus.
Ohne neue Kunststoff-Recycling Technologien bleibt die stoffliche Verwertung auf sortenreine Sammelkreisläufe (z.B. PET Flaschen, EPS-Verpackung) beschränkt und der Rest endet als Heizöl in Müllverbrennungsanlagen.

Die Kunst der Statistik

2014 APME Plasti RecyclingWir ersetzen Stahl, Glas, Holz und andere Werkstoffe immer mehr durch Kunststoffe und während der Plastikverbrauch stetig ansteigt und unsere Deponien an ihre Grenzen stoßen, wird seit Jahren in der Öffentlichkeit der Eindruck aufrechterhalten, daß wir durch Sammeln und Recyceln (= stoffliche Verwertung) unseren Abfall und unsere Ressourcen kontrollieren. Die EU Kommission demonstriert Entschlossenheit durch hohe Sammel- und Verwertungs-Quoten, die aber nicht zwangsläufig zu mehr Recycling führen.
Die Wirklichkeit erschließt sich erst, wenn man die existierenden Daten bis 2014 einmal aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, denn wir vergraben immer noch 31% und verbrennen 40% des gesammelten Kunststoffabfalls (2003 waren es 60% und 20%). Damit haben wir immer noch 71% (zirka 18,1 Millionen Tonnen) des gesammelten Kunststoff-Abfalls in Europa „wieder der Umwelt zurückgegeben“.
Der Kunststoffverbrauch hat sich in Europa von 24,6 Millionen Tonnen in 1993 bis 2005 auf 47,5 Millionen verdoppelt und stagniert seit dem auf diesem Niveau. Der Prozentsatz des gesammelten Kunststoffabfalls im Verhältnis zum Verbrauch ist allerdings von 66% in 1993 auf 46% in 2006 gesunken und stagniert jetzt bei zirka 54%.
Die Daten für die Graphiken stammen aus der 2015 veröffentlichten Studie „Plastics - The  Facts for 20149)“ und den früheren Publikationen1-8) von Plastics Europe – Association of Plastics Manufacturers.

Verbrennen wird als energetische Verwertung von der Kunststoffindustrie favorisiert, da diese Kunststoff-Mengen dem Kreislauf entzogen werden und  existierende Produktionskapazitäten nicht durch zu hohe stoffliche Recyclingmengen in Frage gestellt werden, aber andererseits sind hohe Recyclingquoten ein Nachweis für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft.
Getreu dem Motto „ Glaube nur der Statistik, die Du selbst gefälscht hast“10) wurden die von APME publizierten hohen Recyclingraten schon in 2006 vom Europäischen Verband der Kunststoff-Recycler (EuPR) stark angezweifelt, wobei man „erbost“ darauf hinwies, daß APME die „energetische Verwertung“ (Verbrennung) zur Recyclingquote dazurechnen würde. Desweiteren würde man nicht zwischen Sammlung, Export und Recycling differenzieren11). EuPR rief damals die EU Kommission, das Parlament und die Mitgliedsstaaten auf, endlich die EU Kunststoff-Abfall/Recycling Direktive zu beschließen, die seit Jahren von der Lobby der petrochemischen Industrie blockiert wurde.

Kunststoff-Abfall ist in der EU nur eine Alternative zum fossilen Brennstoff

In der EU wird Kunststoffabfall nicht als Ressource gesehen, sondern als unverzichtbaren Brennstoff für das Erreichen der eigenen Zielvorgaben und unsere Abfall-Richtlinien spiegeln dies sehr deutlich wieder. Nimmt man zum Beispiel die Verpackungs-12), Elektro(nik)-Altgeräte13) oder Altfahrzeug14)-Richtlinie, dann sind die Ziele „Vermeidung von Abfall, Wiederverwendung, stoffliche Verwertung (= Recycling) und andere Formen der Verwertung“ identisch und die energetische Verwertung wird ausdrücklich nicht als Recycling definiert. In der letzten Änderung der Verpackungsrichtlinie 94/62/EG vom 11.02.2014 wird aber festgestellt „Die Verbrennung in Anlagen zur energetischen Verwertung wird als Beitrag zur Erfüllung der Zielvorgaben angesehen.“.
2011 WEEE plastic content per categoryFür Elektro(nik)-Altgeräte und Altfahrzeuge öffnet die Begriffsbestimmung (Artikel 2 oder 3) der „Verwertung“ als: alle Verfahren nach Anhang IIB der Richtlinie 75/442/EWG15) die Tür zur Verbrennung, denn dort wird als erstes „R1 Hauptverwendung als Brennstoff oder andere Mittel der Energieerzeugung“ aufgeführt. Da bei den Elektro(nik)-Altgeräten die vorgeschriebenen Recyclingquoten der verschiedenen Gerätekategorien  in der Regel geringer sind als der durchschnittliche Metallanteil39) (siehe Grafik), kann so ein Kunststoff-Recycling vermieden werden.
2014 APME Incin. Landf. Recycl. trendDie Verpackungsrichtlinie ist die Einzige mit einem spezifischen Ziel für Kunststoff-Recycling: „mindestens 22,5 Gew% Kunststoffe sollen stofflich verwertet werden, wobei nur Material berücksichtigt wird, das wieder zu Kunststoff wird“, was natürlich wieder eine Ausstiegsklausel bedeutet. Diese Zielvorgabe ist deutlich geringer als bei Glas, Papier und Karton (jeweils 60%) und Metalle (50%) und wurde bisher nicht angepasst. So verwundert es also nicht, wenn laut APME Statistik die jährliche Gesamtmenge an deponierten und verbrannten Kunststoff-Abfall auf gleichem Niveau stagniert, wobei die Verbrennungsmenge steigt und die Deponierung sinkt.
Das wird sich auch nicht ändern, denn bei der Abfallaufarbeitung müssen Kunststoffe, die bromierte Flammschutzadditive enthalten (Altfahrzeuge, Elektro(nik)), zwar zukünftig separiert werden, aber da noch keine Recyclingverfahren betrieben werden, die Schadstoffe ausschleusen können, bleibt nur noch der Ofen. Und dann haben wir noch nicht über flammgeschützte Kunststoffabfälle aus dem Bausektor nachgedacht (z.B. Isolierlatten aus expandiertem Polystyrol).

Der nationale Gesetzgeber als europarechtswidriger Pyromane?

Die „Analyse rechtlicher Hemmnisse entlang der Recyclingkette bei Kunststoffabfällen“ des deutschen Öko-Instituts vom März 2014 - erstellt im Auftrag des deutschen Bundesumweltministeriums und des Umweltbundesamtes - erklärt die gewollte Bevorzugung der Verbrennung sehr deutlich und verständlich16).
In 2012 wurden in Deutschland 99% der gesamten Kunststoffabfallmenge verwertet, davon aber nur 43% stofflich und 56% energetisch. Die Recyclingquote aller EU Mitgliedstaaten liegt im Durchschnitt bei 28%.
Deutschland als „europäischer Meister des Kunststoff-Recyclings“ sieht in seiner Umsetzung von Artikel 4 Abs. 2 der Abfallrahmenrichtlinie17) vom 1. Juni 2012 in §8 Abs. 3 KrWG (Kreislaufwirtschaftsgesetz)18) vor, daß die Gleichrangigkeit der energetischen Verwertung mit der stofflichen Verwertung anzunehmen ist, wenn der Heizwert des einzelnen Abfalls, ohne Vermischung mit anderen Stoffen, mindestens 11.000 KJ/kg beträgt, was für Kunststoffe in der Regel zutrifft. Mit dieser Regel wird der Vorrang der stofflichen Verwertung generell und ohne nähere Begründung aufgehoben. Dies wird als europarechtswidrige Umsetzung bewertet19).
Durch diese sogenannte „Heizwertklausel“ wird dem Abfallbesitzer ein Wahlrecht beim Verwertungsweg eingeräumt und ermöglicht es ihm so, Kunststoffabfälle zu verbrennen, statt sie einer stofflichen Nutzung zuzuführen. Der Gesetzgeber ist zwar ermächtigt, in einer Verordnung Vorgaben zu erlassen, den Wertstoff Kunststoff in einem größeren Umfang als bisher zu recyceln statt zu verbrennen, macht davon allerdings keinen Gebrauch.

Es dauerte 5 Jahre bis die "Heizwert-Klausel" ab 1. Juni 2017 wieder außer Kraft gesetzt wurde.

REACH, RoHS und POP als Brandbeschleuniger für Kunststoff-Abfall?

Verbraucher- und Industrie-Abfälle eines Kunststoffproduktes unterliegen dem Abfallrecht.
Bei einem Kunststoff-Recycling Prozeß endet allerdings die Abfalleigenschaft wieder und je nach Verfahren muß geklärt werden, ob und welche REACH36) Registrierpflichten erfüllt werden müssen, basierend darauf, ob das zurückgewonnene Material als Stoff, Gemisch oder Erzeugnis gemäß REACH31) anzusehen ist. Demnach wäre ein Kunststoffgranulate als Gemisch potenziell nach REACH zu registrieren wenn es keinen Abfallstatus mehr besitzt. Ein Formteil aus einem solchen Granulat wäre als Erzeugnis zu betrachten und nicht zu registrieren. Stoffe in Erzeugnissen sind nach Art 7 REACH nur zu registrieren, wenn sie mehr als 0,1 Gew.% SVHC (substances of very high concern) enthalten. Da es bislang keine europaweiten einheitlichen Kriterien für das Ende des Abfallstatus bei Kunststoffen gibt, muß dies für den jeweiligen Recyclingschritt national geklärt werden.
Mit der Einführung des „Recyclingprivilegs“37) unter REACH Art. 2 Abs. 7d) wurden Anreize für die Rückgewinnung von Stoffen in der EU geschaffen und von der Registrierung befreit, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:

  1. Das Recyclingunternehmen residiert und produziert in der EU.
  2. Der zurückgewonnene Stoff ist mit einem bereits registriertem Stoff identisch
  3. Das Recyclingunternehmen hat die vorgeschriebenen Informationen, um ein Sicherheitsdatenblatt zu erstellen.

Kunststoffe bestehen aus Polymeren (deren Monomere registriert werden müssen) und dazu oft auch Additive, um bestimmte Eigenschaften zu erreichen (z.B. Flammschutzadditive, Weichmacher, Stabilisatoren etc.). Somit muß ein Recycler in der EU genau wissen, welche Monomere und „Additiv“-Stoffe in seinen zurückgewonnen Kunststoffen enthalten sind und ob darunter solche sind, die als SVHC einzustufen sind.
2016 REACH fire accelDer Recycler ist für die Korrektheit der Sicherheitsdatenblätter verantwortlich und bei falschen oder unzureichenden Informationen kann es zu Haftungsansprüchen gegen ihn kommen.
Für einen Recycler entstehen somit zusätzliche Analyse-Kosten zum Nachweis der Stoffidentitäten und zur vollständigen Charakterisierung der zurückgewonnenen Materialien zum Zwecke der Einstufung und Kennzeichnung (GHS Einstufung). Diese Aufgabe ist für Recyclingfirmen schwieriger als für Primärhersteller von Kunststoffen und kann daher als ein Hemmnis angesehen werden16).
Die RoHS-Richtlinie (Restriction of Hazardous Substances) 2011/65/EU29) dient der Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro(nik)geräten und bei Kunststoffen sind das z.B. polybromierte Biphenyle (PBB) und Diphenylether (PBDE) als Flammschutz-Additive. Im WEEE Abfall befinden sich also Schadstoffe, die heute nicht mehr eingesetzt werden dürfen und vor einer Wiederverwendung des Kunststoffs erst entfernt werden müssen.
Die Stockholm-Konvention ist ein globales Übereinkommen zur Beendigung oder Einschränkung der Produktion, Verwendung und Freisetzung von persistenten organischen Schadstoffen („Persistent Organic Pollutants“, POPs) und die EU Verordnung (EG) Nr. 850/200432) bildet die rechtliche Voraussetzung für eine Ratifizierung. Die sogenannte POP Liste33) enthält unter anderem polychlorierte Biphenyle (PCB) und Hexabromcyclododekan (HBCDD), die als Flammschutzadditive eingesetzt werden.
Bis 2015 wurden Dämmstoffe aus Polystyrol mit HBCDD ausgerüstet (EPS mit 0,7%, XPS mit 1,5%) und verbaut. Ein werkstoffliches Recycling wird in Zukunft nur möglich sein, wenn der seit dem 22. März 2016 geltende Grenzwert von 100 mg/kg aus dem Anhang I der POP-Verordnung unterschritten wird34). Gleiches gilt für Verpackungen, Gehäusekunststoffe oder Textilien, die HBCD enthalten. Seit dem 11. März 2016 gibt es eine direkte Verbindung zwischen deutschem und europäischem Abfallrecht und alle POP-haltigen Abfälle35), die die Grenzwerte in Anhang IV überschreiten, gelten als gefährlich und nachweispflichtig30).
Ohne Verfahren wie den CreaSolv® Prozeß, mit denen man toxische Inhaltsstoffe aus solchen Kunststoffabfälle (WEEE, Altfahrzeuge, Bau), die ja separat gesammelt werden müssen, ausschleusen kann, stoßen mechanische Recycler an ihre technischen Grenzen und sie werden diese „gefährlichen“ Kunststoffabfälle nur nachweisbar verbrennen können.

Interpol und der WEEE-Abfall der EU

2015.08 CWIT Report WEEE FlowIn Europa landen jedes Jahr 9,5 Millionen Tonnen elektr(on)ische Geräte im Müll. Unter der Leitung von Interpol haben 5 Organisationen und 2 UN Institutionen in einer zweijährigen aufwendigen Studie20) festgestellt, daß nur 35% (3,3 Mio t) der Altgeräte bei den Sammelstellen landet. Die restlichen 65% (6,15 Mio t) werden
•    Nicht ordnungsgemäß recycelt (3,15 Mio t)
•    Wertvolle Teile ausgeschlachtet (0,75 Mit t)
•    In den Hausmüll geworfen (0,75 Mio t)
•    Exportiert (1,5 Mio t).

Es wurde außerdem festgestellt, daß mehr als 4,65 Mio t innerhalb der EU verschoben werden - illegal und falsch deklariert. Man schätzt, daß durch den Verlust der Rohstoffe ein Einnahmeverlust der Mitgliedstaaten von 800 Millionen bis 1.7 Milliarden Euro jährlich entsteht.
Der illegale Handel mit WEEE Schrott in der EU ist allerdings hochprofitabel, mit einem geringen Risiko, entdeckt zu werden und die Strafen sind viel zu niedrig, um abschreckend zu sein.

Recycling-Lüge und Zahlenmüll

Getränkekartons wurden vom deutschen Umweltbundesamt als „ökologisch vorteilhaft“ eingestuft und von der Pfandpflicht befreit, da man aus der Papier/Kunststoff/Aluminium Verbund-Verpackung die einzelnen Komponenten zurückgewinnen kann und Kartonhersteller wie Marktführer Tetrapak warben mit „vollständigem Recycling“. Nach Beweisen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) räumt der Lobbyverband der Getränkekartonhersteller „Fachverband Kartonverpackungen für flüssige Nahrungsmittel e. V.“ (FKN) im April 2015 ein21), Verbraucher jahrelang über das Recycling von Getränkekartons getäuscht zu haben, da Recherchen ergaben, daß sortenreines Recycling des Aluminiums aus Getränkekartons in keinem industriellen Maßstab in Deutschland stattfand22). Tetrapak wirbt seitdem mit „100% recycelbar“ und FKN teilte außerdem mit, daß seit Anfang 2015 Kunststoff-Folienreste aus deutschen Getränkekartons nach Xiamen in China exportiert werden.
Doch auch die staatlichen Statistiken führen in die Irre, denn sie zählen, was in eine Recycling-Anlage hinein wandert. Schmutz und Feuchtigkeit werden mitgewogen und gezählt und nicht abgezogen. Das gilt für Verpackungsabfall, wie für jeden anderen Abfallstrom23). Da der Müll oftmals mehrere Stationen durchläuft, wie z.B. ein Joghurt-Becher über eine Sortieranlage zu einem Recycler weiter zu einer Abfallbehandlungsanlage wandert und sein Ende in einer Verbrennungsanlage findet, erfaßt ihn jedes Mal die Statistik – bis er das Abfallregime verläßt24). Auch für die Recyclingquote zählt man laut Recherche alles, was in die Sortieranlagen hinein geht, aber nicht, was am Ende wirklich recycelt wird. Wird eine Anlage von einer Behörde als Recycler betrieben, gilt auch der komplette Eingang als recycelt. Bei Glas und Papier mag die Annahme stimmen, da diese getrennt gesammelt werden, aber bei der „Gelben Sack“ Sammlung (Verpackungsabfälle) ist das nicht mehr der Fall, denn selbst Recycler geben tausende Tonnen in die Verbrennung. Die Recyclingquote wird somit mehrfach wissentlich verzerrt.
Auf alle Fälle kann man davon ausgehen, daß sichergestellt ist, daß die Getränkekarton-Plastikfolien-Abfälle für China in der deutschen Recyclingquote mitgezählt werden und nicht verloren gehen. Da Kunststoff-Sortierer Geld sparen wollen und Plastikmüll falsch lagern. Dadurch sinkt die Qualität und die Ausbeute an verwertbarem Material und der Rest taugt nur noch für die Verbrennung laut Erklärung BVSE (Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V.)38). Dazu kommt noch der ruinöse Wettbewerb unter den Müllverbrennungsanlagen, was eine billige Alternative für die Sortierer darstellt.
Die Rückstände aus der Abgasreinigung von Müllverbrennungsanlagen werden im „Bergversatz“ (Verfüllung von Bergwerks-Hohlräumen) oder Straßenbau genutzt, wobei es sich selbstverständlich ebenfalls um eine anrechenbare Verwertungsmaßnahme handelt25).
2014 Plastic End usesLaut APME Statistik sammeln wir in der EU nur die Hälfte der verbrauchten Kunststoffe wieder ein (54% in 2014) und APME erklärt dies mit den vielen langlebigen Produkten5). Da die Statistiken inzwischen eine Periode von 20 Jahren abdecken und der Verbrauch über die letzten 10 Jahre im Durchschnitt stagnierte, kann man das bezweifeln. Es gibt sicher langlebige Produkte wie z.B. EPS Isolierschäume im Baubereich, aber Verpackungen, elektronische Geräte und selbst Autos haben eine kürzere Lebensdauer. Entsprechend der Anwendungen sollte also sehr viel mehr Kunststoff in unserem gesammelten Abfall stecken. Eine neue Studie für das deutsche Umweltbundesamt28) hat außerdem feststellt, daß Konzerne die Lebensdauer ihrer Waren planen. 2014 Plastic waste outstandingDie Vorlieben der Verbraucher und der technische Fortschritt verändern sich schneller und somit werden Produkte schneller ersetzt.
Unsere heutigen Verwertungsquoten - gemessen am Abfall - sind darum eigentlich nur die „halbe Wahrheit“, denn summiert man die nicht gesammelten Kunststoffmengen aus dem Produktionszeitraum von 1993 bis 2014, so sind  noch 528 Millionen Tonnen Kunststoff im Umlauf oder befinden sich an Orten, die uns nicht bekannt sind.

Fazit: Wir sammeln nur zirka die Hälfte unserer verbrauchten Kunststoffe wieder ein und verbrennen und deponieren immer noch mehr als 2/3 davon - und wahrscheinlich sehr viel mehr!

 

Keine gute Zukunft für das Kunststoff-Recycling in der EU

Bewahrheiten sich die Prognosen des deutschen Bundesumweltamtes, wird das Müllaufkommen in den kommenden Jahren sinken und damit wird sich der Kampf um den Abfall verschärfen, denn das Aufbereiten von Plastik ist teuer und wird komplizierter (REACH), aber zum Verfeuern eignet es sich auf Grund des Brennwertes sehr gut. Da die Müllverbrennungsanlagen-Betreiber Ihre Öfen füllen müssen, hat das Kunststoff-Recycling noch schlechtere Chancen als bisher26).

2016 The Way of PlasticLaut Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE) könnte bundesweit fast jede vierte der 71 deutschen Müllverbrennungsanlagen geschlossen werden. Die Überkapazitäten würden zum Problem für das Recycling, so der BDE: Sammeln und Sortieren einer Tonne Abfall seien inzwischen doppelt so teuer wie das Verbrennen. Das deutsche Bundesumweltministerium hat auf Anfrage bereits in 2014 bestätigt, daß die Hälfte der gesammelten Verpackungsabfälle in die Müllverbrennung gehe27).
Da Deutschland führend im Kunststoff-Recycling ist, kann es in den anderen Mitgliedsstaaten kaum besser sein.
Mit großzügig ausgelegten Quoten und intelligenter Verwertungs-Zielsetzung wird man in der EU weiterhin steigende Recyclingquoten dokumentieren.
Ohne neue Recycling-Verfahren wie den CreaSolv® Prozeß, die in der Lage sind, Kunststoff-Verbundwerkstoffe zu trennen und/oder toxische Schadstoffe aus Kunststoff-Abfällen (Altauto, WEEE und Bau) ausschleusen können, ist das allerdings technisch gar nicht möglich, denn unsere Werkstoffe werden immer komplexer und nicht einfacher.REACH und RoHS sind wichtig für Produktsicherheit, Verbraucher- und Umweltschutz, erfordern aber eine entsprechende Kompetenz bei der Anwendung und Umsetzung beim Recyceln. Normale „mechanischen“ Recycler die mit gemischten Kunststoffabfällen arbeiten, könnten hier wahrscheinlich Probleme bekommen.
Da von der EU erlassene Richtlinien von den Mitgliedstaaten national umgesetzt werden müssen, hängt es auch von deren Motivation ab, wie weit sie bei der Umsetzung und Kontrolle dabei gehen wollen und inwieweit sie Kunststoffe überhaupt recyceln wollen.

Lassen wir uns überraschen!

 

Literatur:

  1. APME 2008 – Compelling facts about plastics for 2006
  2. APME 2008 – Compelling facts about plastics for 2007
  3. APME 2009 – Compelling facts about plastics for 2008
  4. APME 2010 – The Facts – plastic production and recovery 2009
  5. APME 2011 – The Facts – plastic production and recovery 2010
  6. APME 2012 – The Facts – plastic production and recovery 2011
  7. APME 2013 – The Facts – plastic production and recovery 2012
  8. APME 2014/2015 – The Facts – plastic production and recovery 2013
  9. APME 2015 – The Facts – plastic production and recovery 2014 – Link
  10. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 2011: Ich glaube nur der Statistik …” Link pdf
  11. Plasticker News 21 April 2006 „EuPR: Concern about Plastics Europe Study on Waste Management“ – Link
  12. Richtlinie 94/62/EG über Verpackungen und Verpackungsabfälle
  13. Richtlinie 2002/96/EG über Elektro- und Elektronik-Altgeräte
  14. Richtlinie 2000/53/EG über Altfahrzeuge
  15. Richtlinie des Rates über Abfälle (75/442/EWG) – Anhang II B
  16. Öko-Institut e.V. März 2014 Kurzanalyse Nr. 9: Analyse rechtlicher Hemmnisse entlang der Recyclingkette bei Kunststoffabfällen - Link 
  17. Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien
  18. Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen vom 24. Februar 2012, BGBl. I 
  19. Gemeinsames Schreiben der Umweltverbände DNR, NABU, BUND, DUH und bfub an die EU-Kommission vom 27.4.2012 - Link
  20. Countering WEEE Illegal Trade (CWIT) Summary Report, Market Assessment, Legal Analysis, Crime Analysis and Recommendations Roadmap, August 30, 2015, Lyon, France - Link  pdf 12MB
  21. Unterlassungserklärung des Fachverbandes Kartonverpackungen für flüssige Nahrungsmittel e. V.“ (FKN) am 30. April 2015 über sortenreines Recycling von Aluminium aus Getränkekarton-Abfällen Link
  22. Pressemitteilung der Deutschen Umwelthilfe zur Recyclinglüge von Getränkekartonhersteller vom 20.05.2015 – Link
  23. Wirtschaftwoche 27. Mai 2015 – Michael Billig „Streit um Verpackungen eskaliert“ zuletzt geprüft am 26.07.2016 – Link
  24. Wirtschaftswoche 8. November 2014 – Michael Billig „ Abfall-Statistik – Recherche im Zahlenmüll“ zuletzt geprüft 26.07.2016 – Link
  25. Bayrisches Landesamt für Umwelt – Sonstige Verwertung: Verwertung im Bergversatz – Homepage zuletzt geprüft 26.07.2016 - Link
  26. Süddeutsche Zeitung 10.09.2014 „Wettkampf um den Müll“ Homepage zuletzt geprüft 26.07.2016 – Link 
  27. WAZ – Westdeutsche Allgemeine Zeitung vom 10.04.2014: Die Hälfte des Recycling-Mülls wird verbrannt“ – Link
  28. Umweltbundesamt Texte 11/2016 „Einfluß der Nutzungsdauer von Produkten auf ihre Umweltwirkung: Schaffung einer Informationsgrundlage und Entwicklung von Strategien gegen „Obsoleszenz“ – Link pdf 8MB 
  29. Richtlinie 2011/65/EU vom 8. Juni 2011 zu Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten.
  30. EnBauSa vom 16.02.2016 „Abfallverordnung macht alte EPS-Dämmung zu Sondermüll“ – zuletzt geprüft 03.08.2016 Link 
  31. Umwelt-Bundesamt – REACH Verordnung – Link  zuletzt geprüft 03.08.2016
  32. Verordnung (EG) Nr. 850/2004 über persistente organische Schadstoffe und zur Änderung der Richtlinie 79/117/EWG
  33. Stockholm Convention – Listing of POPs – Link  zuletzt geprüft 03.08.2016
  34. Verordnung (EU) 2016/293 der Kommission vom 1. März 2016 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 850/2004 über persistente organische Schadstoffe hinsichtlich des Anhangs I (HBCDD)
  35. Verordnung über das Europäische Abfallverzeichnis (AVV), geändert am 4. März 2016
  36. Verordnung 1907/2006/EG zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) vom 18. Dezember 2006.
  37. Umweltbundesamt 55/2011 REACH und Kunststoffrecycling von September 2011 – Link 
  38. Frankfurter Rundschau vom 13.03.2013 „Recycling – Verbrennen ist billiger“ – Link
  39. Dr. A. Mäurer & Dr. M. Schlummer „Kunststoffrückgewinnung aus Elektroaltgeräten, bag Workshop 12. Mai 2011 - Link
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